Gottesdienst für Zuhause

Hier ist eine kleine Leseandacht für Zuhause. Die Christus-Kirche ist zwar für persönliches Gebet geöffnet, aber am Sonntag, 22. März 2020 findet kein Gottesdienst statt. Die Texte dieser Andacht liegen vor der Kirche als „Gottesdienst zum Mitnehmen“ aus.

Psalmgebet

In deinem Haus bin ich gern.
Der Sperling hat ein Haus gefunden,
die Schwalbe sich ein Nest gebaut.
Wer bei dir wohnt, der wird dich immer preisen.

Freuen können sich, die bei dir Zuflucht finden.
Schon auf dem Weg zur dir sprudeln lebendige Quellen.
Ein frischer Frühlingsregen wird ihnen zum Segen.

Du bist die Sonne, die Licht spendet und Wärme.
Du bist ein Schild, der schützt und schirmt.
Glücklich, die nach deinem Vorbild handeln.

Nach Psalm 84

Evangeliumslesung

Antependium aus der Christus-Kirche

Es befanden sich auch einige Griechen unter denen, die zum Fest nach Jerusalem gekommen waren, um Gott anzubeten. Die gingen zu Philippus,
der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: »Herr, wir wollen Jesus sehen!«

Philippus ging zu Andreas und erzählte ihm von ihrem Anliegen. Dann gingen die beiden zu Jesus und berichteten es ihm.
Jesus antwortete ihnen: »Die Stunde ist gekommen! Jetzt wird der Menschensohn in Gottes Herrlichkeit aufgenommen! Amen, amen, das sage ich euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es ein einzelnes Korn. Aber wenn es stirbt, bringt es viel Frucht.

Johannes 12,20-24 (Basisbibel)

StattPredigt: Don’t panic! Keine Panik

Nur knapp entkommt Arthur Dent der Zerstörung seines Heimatplaneten Erde. Sein Freund Ford Prefect hat ihn in buchstäblich letzter Minute auf ein vorbeifliegendes Raumschiff gerettet. Damit beginnt eine verrückte Reise durch den Weltraum. Die Hörspiele und Bücher von Douglas Adams, die dieses Abenteuer erzählen, genießen seit den 80er Jahren Kultstatus. Heimlicher Star der Geschichte ist der Reiseführer, der der Geschichte ihren Namen gibt: „Per Anhalter durch die Galaxis“. Laut Ford Prefect ist ein Grund für den Erfolg des Reiseführers der Spruch, der auf der Rückseite abgedruckt ist: „Don’t panic!“ Keine Panik!

Die Lage ist ernst, sagt unsere Bundeskanzlerin zur Corona-Krise und appelliert eindringlich: „Nehmen Sie es auch ernst.“ Das Corona-Virus verändert das Leben in unserem Leben in unserem Land, in Europa, auf der ganzen Welt dramatisch. Merkel im O-Ton: „Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.“ Aber es ist kein Grund in Panik zu verfallen. Don’t panic.

Die panischen Reaktionen eines Teils der Bevölkerung beschränken sich im Moment nur Hamsterkäufe von Toilettenpapier und Nudeln. Das Satiremagazin Postillon macht sich darüber lustig und veröffentlicht die besten Kochrezepte für Pasta und Klopapier. Aber auch sonst macht sich wenig Panik breit. Der letzte Markttag in Beckum war gut besucht. In Straßencafés saßen Senioren in der Märzsonne. Und den Jugendlichen wirft man vor, die vorgezogenen Osterferien für Aktionen mit Freunden und Corona-Partys zu missbrauchen. Die Warnungen scheinen übertrieben. „Don’t panic!“ Keine Panik!

Erinnern sie sich an die Geschichte des Propheten Jona? Bekannt aus der Kinderbibel als Prophet mit dem großen Walfisch. Gott schickte Jona in die Stadt Ninive, um die Bewohner vor dem Untergang zu warnen. Jona wollte nicht, denn er ahnte: Wenn er hingeht die Leute zu warnen, dann glauben sie ihm am Ende noch, ändern ihr Leben und bleiben von der Katastrophe verschont. Und wie steht Jona dann am Ende da? Wie einer, der übertrieben Panik gemacht hat. Also dann lieber: „Don’t panic!“ Keine Panik!

Im Dezember 2019 entdeckte der chinesische Augenarzt Li Wenliang eine auffällige Häufung von Lungenentzündungen in Wuhan. Er warnte seine Kollegen und wurde von den chinesischen Behörden als Panikmacher abgestraft. Anfang Februar starb er mit 33 Jahren an den Folgen der Corona-Erkrankung, vor der er gewarnt hat. Inzwischen haben die chinesischen Behörden ihren fatalen Fehler erkannt und Li Wenliang posthum rehabilitiert. Don’t panic! Das heißt nicht: Alle Warnungen in den Wind zu schlagen.

„I want you to panic! – Ich will, dass ihr in Panik geratet!“ Mit dem Satz ist Greta Thunberg berühmt geworden. Ihr wird Panikmache vorgeworfen. Zwar stimmen 98% der Klima-Forscher darin überein: Ein Klima-Wandel ist nicht zu leugnen; die Folgen werden katastrophal sein. Aber gibt es nicht auch 2% Forscher und Lungenfachärzte, die Zweifel anmelden? Also: „Don’t panic?“ Keine Panik?

Im Moment taucht immer wieder die Frage auf: „Was können wir von Corona lernen?“ Die Antwort scheint von der Weltsicht abzuhängen: Die einen sehen Gott am Werke und mahnen zu religiöser Umkehr. Andere glauben, mit dem Virus wehrt die Natur sich gegen den Menschen. Scherzbolde meinen, hier ist ein gigantischer Mathematiklehrer dabei, der Menschheit den praktischen Nutzen der Exponentialfunktion zu erklären. Die Optimisten sehen in der Krise auch die Chance, sich auf gesellschaftlichen Zusammenhalt zu besinnen – und etwas mehr Gelassenheit zu üben: „Don’t panic!“ Keine Panik!

Ich vermute, es ist noch etwas zu früh, um beurteilen zu können, ob die Corona-Krise einen Lerneffekt hat. Aber ich habe eine Hoffnung. Egal, ob die Corona-Krise am Ende doch milder verläuft als gedacht oder die schlimmsten Befürchtungen wahr werden: Die Menschheit wird das Virus überstehen. Vielleicht gibt es irgendwann eine Impfung. Vielleicht lernen wir, mit dem Virus zu leben. Aber nicht das ist meine Hoffnung. Vielleicht kehren wir nach der Krise nicht in die gewohnte Welt zurück. Vielleicht stirbt etwas von dem, was bisher selbstverständlich galt.

Meine Hoffnung ist, dass etwas Neues entstehen wird. Meine Hoffnung ist, dass wir aus der Corona-Krise lernen, mit gleicher Entschlossenheit die Klima-Krise anzugehen. Meine Hoffnung ist, dass wir den Forschern und Fachleuten in der Klima-Krise genauso Glauben schenken, wie im Moment den Virologen. Meine Hoffnung ist, dass wir die Exponentialfunktion verstehen und plötzlich den Effekt beim Klimawandel besser begreifen. Meine Hoffnung ist, dass die Älteren in Bezug auf die Zukunft ihrer Enkel die Solidarität zeigen, die sie jetzt von den Jüngeren erwarten. Meine Hoffnung ist, dass wir erkennen: Diese Aufgabe bewältigen wir nur gemeinsam – nicht als Individuen, nicht als einzelne Nationen – sondern als Menschheit auf diesem wundervollen Planeten.

Aus vergangenem Alten kann Neues entstehen, das ist übrigens nicht nur eine der großen Erkenntnisse in „Per Anhalter durch die Galaxis“. Es ist auch die Erkenntnis, die im Wochenspruch für den Sonntag Lätare steckt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Johannes 12,24) Manchmal ist mir, als wäre unsichtbar auf meiner Bibel aufgedruckt: „Don’t panic!“ Keine Panik!

Segensgebet

Frieden
möge Gott
über dir ausspannen
wie einen Regenbogen:

erfüllt von Liebe,
bereit zur Veränderung,
erhellt von Freude,
gestärkt zur Hoffnung,
geduldig für die Stille und
aufmerksam für Gottes Gegenwart.

Pfarrer Karsten Dittmann, Ev. Kirchengemeinde Beckum