Mancher Pfarrer im Ruhestand sagt augenzwinkernd, dass das i. R. „in Rufweite“ oder „in Rufbereitschaft“ heißt. Für Pfarrer i. R. Friedrich Vogelpohl hieß es das seit 2007, seinem Eintritt in den Ruhestand, tatsächlich. Denn seitdem hat er mit einem Teil seiner hauptberuflichen Aufgaben ehrenamtlich weitergemacht: Er gehörte weiter zum ökumenischen Team „Rufbereitschaft Notfallseelsorge im Kreis Warendorf“, das er mit Pfarrer Manfred Uhte gemeinsam aufbaute. Im Februar ist er 75 Jahre alt geworden und hat beschlossen, nun auch dieses Amt niederzulegen. Am Palmsonntag um 10.15 Uhr entpflichtete Superintendent Frank Schneider ihn in einem festlichen Gottesdienst in der Beckumer Christus-Kirche.
Die Aufgabe der Notfallseelsorge – „Erste Hilfe für die Seele“ – hat Vogelpohl mehr als 45 Jahre mit großer Leidenschaft wahrgenommen. 45 Jahre lang hat er alles stehen und liegen lassen, wenn er zu einem schweren Verkehrsunfall gerufen wurde oder Angehörige nach einem Suizid benachrichtigt werden mussten. Er kümmerte sich um fassungslose Familienmitglieder, denen er die Nachricht vom Tode ihrer Lieben brachte, oder um schockierte Unfallszeugen. Ebenso stand er erschöpften Rettungskräften nach Unfällen, Bränden oder Naturkatastrophen zur Seite. Wie viele Einsätze sind es in seinem Berufsleben gewesen? Mehr als 3.000 schätzt der Pfarrer.
Noch vor seiner Ordination vor 45 Jahren wurde er zum Polizeiseelsorger berufen, erteilte seitdem Polizistinnen und Polizisten auch berufsethischen Unterricht. Notfall- und Feuerwehrseelsorge kamen dazu. Die Rufbereitschaft Notfallseelsorge im Kreis Warendorf besteht aus einem Team aus evangelischen und katholischen Geistlichen sowie Haupt- und Ehrenamtlichen, die speziell für diese Aufgaben geschult werden und selbst Seelsorge und Supervision erhalten. Denn, manchmal geht es tiefer unter die Haut, als man möchte, betont der Pfarrer. Auch kann es ein, dass man einen der Toten kennt, es z. B. einen Feuerwehrmann oder einen Nachbar trifft. Einsatznachgespräche und Besprechungen im Team der Rufbereitschafts sind wichtige Unterstützungselemente.
Gleichzeitig forderten die Hauptaufgabe – das Pfarramt in Beckum bis 2007 – und seine Familie seine Aufmerksamkeit. Seit 1978 lebt Vogelpohl mit seiner Frau Sigrid in Beckum, hier wuchsen die beiden Kinder auf. Auch in der Gemeindearbeit begleitete er Menschen in der Seelsorge, stand Familien von der Taufe bis zur Beerdigung bei. Außerdem hat Friedrich Vogelpohl ein paar Hobbies: Modelleisenbahn, Fotografie und Computerei. Nun sei es Zeit, sagt Pfarrer Vogelpohl, sich ausschließlich der Familie und seiner Gesundheit zu widmen.
Für die Notfallseelsorge hing in der Wache immer eine reflektierende Sicherheitsjacke und stand der Notfallkoffer bereit, in dem standardmäßig Atlanten, Straßenlisten, Schreibzeug, Gebetbuch, kleine Bronzekreuze und andere hilfreiche Dinge gehören. Vogelpohl hatte seinen Koffer zusätzlich mit Bibel, Gesangbuch und – ganz wichtig – einem Teddy für Kinder bestückt. Polizisten und Feuerwehrleute konnten sich immer auf ihn verlassen. Neben seinem Glauben hat ihn immer ihre Anerkennung ebenso wie der Rückhalt in Familie und Kirchengemeinde getragen.
Gemeindearbeit und Notfallseelsorge, die Zuwendung zu den Menschen in Ausnahmesituationen waren für ihn Missionsarbeit. Wenn er am Palmsonntag von seiner Lebensaufgabe entpflichtet wird, werden viele Weggefährtinnen und Wegbegleiter an seiner Seite sein. Diesmal kommen sie zu ihm, nachdem er bisher immer zu ihnen gegangen ist.
Lebenslauf
Friedrich Vogelpohl wurde 1949 in Pr. Oldendorf geboren. Nach dem Abitur am Söderblom-Gymnasium in Espelkamp wurde er Soldat, studierte für ein Semester Mathematik (hier lernte er seine Frau kennen) und Physik an der Universität in Münster, bevor er das Studium der Ev. Theologie aufnahm, zunächst in Münster, dann an der Kirchlichen Hochschule in Bielefeld-Bethel. Nach bestandenem Ersten Theologischen Examen absolvierte Vogelpohl ab Oktober 1976 das Vikariat in der Johannes-Kirchengemeinde in Quelle-Brock. In dieser Zeit machte er im November 1977 (Schleier-Entführung und Fahndung nach den Terroristen) ein Praktikum bei der Kreispolizeibehörde in Gütersloh. Seit 1974 sind Friedrich und Sigrid Vogelpohl verheiratet, das Paar hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder.
Im Oktober 1978 begann nach der zweiten Theologischen Prüfung sein Probedienst in der Kirchengemeinde Beckum. Dort blieb er dann bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2007. Die Polizeiseelsorge im Kreis Warendorf, die Feuerwehrseelsorge und die Notfallseelsorge im Kreis Warendorf übte er danach weiter ehrenamtlich aus.
Foto und Text: Frauke Brauns, Evangelischer Kirchenkreis Gütersloh